Klostertag 2022
Für viele war es der erste, für viele der letzte und für alle: Ein besonderer Klostertag.
Dank der tatkräftigen Unterstützung vieler Semis ist am Montag, den 23. Mai um 20:45 alles geschafft, damit es losgehen kann: Die Kutten feinsäuberlich vorsortiert und im Lichthof zum Anprobieren bereitlegt, Schlaflager vorbereitet, die Kerzengläser blitzeblank und im Kreuzgang aufgereiht, die Räume für die Projektgruppen umgebaut und der Baum für die Hocker gefällt.
Es kann also losgehen – Herr Meyer-Nothdurft spricht ein paar einführende Worte, wir ziehen unsere Kutten an und gehen, noch unsicher und zögerlich, uns noch an das Schweigen gewöhnend, hinab ins Chorgestühl. Mit der Komplet beginnt eine ganze Reihe von insgesamt fünf Tagzeitengebeten, die die Semis selbst durchführen: Eine bewundernswert mutige Truppe von Liturg:innen, Kantor:innen und Lektor:innen gestaltet, geschult und unterstützt durch Herrn Eberhardt, diese gliedernden, liturgischen Elemente des Klostertags – in den wir uns in der Kerzenprozession nach der Komplet so richtig einfinden können. Wo auf der Welt findet man einen Kreuzgang voller Kerzen und Jugendlichen in Kutten, die mehrstimmig singend oder Stille haltend ihren Abend verbringen? Ich glaube, was wir da haben, ist einmalig.
Eine ganz besondere Erfahrung war für viele die anschließende Übernachtung in Audimax bzw. Oratorium: Dicht an dicht verbringen wir schweigend die (für die meisten viel zu kurze) Nacht, denn um 05:50 läutet die vom tapferen Glöckner Paul bediente Semiglocke: Aufstehen, im Bett noch einen Müsliriegel verdrücken, damit der Blutzucker seinen Job macht, und ab in die Mette!
Im Rhythmus Gebet – Mahlzeit – Arbeit bewegen wir uns durch den Tag. Die eine lernt, Weidenruten zu einem Elefantenfuß zu flechten. Der nächste holt im Schweiße seines Angesichts unter fachkundiger Anleitung einen Hocker aus einem Stück Baumstamm. Andere werkeln kreativ an einer Schreibtischlampe aus echter Eiche, während manche in der Schreibstube oder beim Buchbinden ihre feinmotorischen Fähigkeiten ausbauen. Wieder andere tragen im Wald zum Erhalt des UNESCO-Weltkulturerbes bei, indem sie sich mit dem Förster um die Bewässerungsgräben der Zisterzienser kümmern.
Unersetzlich und offensichtlich kulinarisch begabt sind die Semis, die sich in der Küche um das leibliche Wohl der Gemeinschaft kümmern – selten haben mir Linsen mit Spätzle oder Flachswickel so gut geschmeckt wie bei den Mahlzeiten am Klostertag.
Der Tag geht mit all dem Arbeiten, Essen und Beten unheimlich schnell vorüber. Ich kann die Seminargemeinschaft an diesem Tag mit Händen greifen: Jugendliche aller Promos arbeiten in den Workshops Seite an Seite. Projektgruppenleitende schwärmen mir vor, wie höflich, motiviert und offen die Semis sind. Wie ein Fischschwarm bewegen wir uns durch das Kloster, verteilen uns in Gruppen und Vereinzelte, um uns zu den Gebeten und Mahlzeiten wieder zusammenzufinden – alle in weiß, jede:r mit einem individuellen Weg, aber alle gemeinsam.
Wir stehen am Abend dieses Klostertags wieder im Chorgestühl, heute wagen wir es, den Abendmahlsgottesdienst in Form der Messe zu feiern – es klingt gewagt, aber es funktioniert, denn wir tun’s gemeinsam.
In der Abt-Entenfuß-Halle beschließen wir den Klostertag, ziehen zögerlich mit gemischten Gefühlen unsere Kutten aus – denn jetzt ist es rum. Nur noch der Abbau trennt uns vom Alltag – aber dank der tatkräftigen Mitarbeit Aller ist auch das bald geschafft.
Mir bleibt nur, im Namen des Klostertags-Teams den Semis zu danken: Ihr habt Euch auf diesen Tag eingelassen, habt mitgefeiert, mitgebetet und vor allem: Mit angepackt. Das ist keine Selbstverständlichkeit – in den letzten Wochen war viel los und ihr musstet am nächsten Tag in Klassenarbeiten und Klausuren.
Ihr seid für mich die Mönche des Jahres.
Frau Karmrodt