50 Jahre Mädchen am Evangelischen Seminar Blaubeuren

Am Freitag, den 11. Oktober gab es für die Evangelischen Seminare Württembergs etwas zu feiern: 1974 wurden am Evangelischen Seminar Blaubeuren erstmals Mädchen aufgenommen. Aus diesem Anlass wurde Blaubeuren zum großen Treffpunkt. Nahezu das gesamte Evangelische Seminar Maulbronn, Zeitzeuginnen der ersten Promotion, Semis verschiedener Generationen und Vertreter:innen der Seminarstiftung begaben sich auf die Reise. Ziel der Veranstaltung war es, sich dem Thema sowohl wissenschaftlich zu nähern, um nach dem Blick in die Vergangenheit nach vorne zu schauen, als auch Raum zum Austausch zu bieten.

Die Vorsitzende des Vorstands der Schulstiftung, Oberkirchenrätin Carmen Rivuzumwami, legte gleich zu Beginn des Festakts den Finger in die Wunde und wies darauf hin, dass sich das protestantische Potential in Bezug auf die Gleichberechtigung leider erst Jahrhunderte später vollendete. Es sei aber umso besser, so Rivuzumwami, dass sich dies, wenn auch verspätet, verändert habe und ein Geist des Miteinanders in Vielfalt die heutigen Seminare durchziehe.

Die gesellschaftlichen Entwicklungen Ende der sechziger Jahre erläuterte in ihrem erhellenden Vortrag die Pfarrerin und Historikerin Dr. Karin Oehlmann. Sie zeigte auf, dass sowohl die sinkenden Zahlen in den Seminaren als auch die damals geplante Reform der Bildungslandschaft, die in der Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems bestand, dazu führten, dass die Aufnahme von Mädchen in die Seminare als konstruktivste Maßnahme gesehen wurde, um die Evangelischen Seminare vor einem drohenden Niedergang zu bewahren. Dass mit der ersten Seminaristin, Hermine Müller, im Jahr 1969 im Seminar Schöntal eine Katholikin aufgenommen wurde, ist hierbei ein amüsantes Detail.

Auf großes Interesse stieß anschließend das Gespräch mit Hannelore Bohner, Barbara Hinzpeter und Cornelia Bossert – drei Seminaristinnen, die noch vor der Öffnung Blaubeurens für Mädchen 1971 in das Seminar Schöntal gekommen waren. Dass ihnen eine aufregende Welt in den Seminaren eröffnet wurde, die sie zum ersten Mal als Mädchen zusammen mit ihren neuen Klassenkameraden erkunden konnten, berichtete auch die Regionalbischöfin im Sprengel Hildesheim-Göttingen, Dr. Adelheid Ruck-Schröder. Ein Punkt, der alle Seminaristinnen miteinander verband – darunter auch die Jüngste unter ihnen, Theresa Löhr (Abi 2024) – bestand darin, dass ihnen von ihren Lehrer:innen an den Evangelischen Seminaren Welten erschlossen wurden, wofür sie alle dankbar sind.

Gelegenheit sich über die geäußerten und die eigenen Erfahrungen an den Seminaren auszutauschen, bot sich anschließend allen Anwesenden. Mit zwei gemeinsam gesungenen Liedern der Chöre der beiden Seminare Maulbronn und Blaubeuren ging es über zu einer Andacht in der ehemaligen Laienkirche, in der alle Gäste der Feier die wohltuende Gemeinschaft in den Seminaren erfahren durften.